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Die Geschichte der deutschen Marinen
Die Deutsche
Marine kann nicht auf eine historische Kontinuitätslinie zurückblicken wie die
meisten anderen Marinen.
Vielmehr spiegeln sich die Epochen der deutschen Geschichte auch in denen der
Geschichte der neun Marinen seit 1848 wieder: Die Geschichte der Bundesflotte,
die der Preußischen Marine, die der Marine des Norddeutschen Bundes, die der
Kaiserlichen Marine, die der Reichs- und späteren Kriegsmarine sowie die der
Bundesmarine und parallel existierenden Volksmarine - schließlich, seit 1990,
die Geschichte der Deutschen Marine; all´ diese "Geschichten" bilden zusammen
das gesamte Bild von über 150 Jahren Deutsche Marinegeschichte.
Teil I - Die Anfänge von 1848 bis 1871
Im Rahmen der bürgerlichen Revolution des Jahres 1848 wurde unter den Parlamentariern der Frankfurter Paulskirche der Ruf nach einer eigenen Flotte verlautbart, um sich gegen den dänischen König, der mit seinen Kriegsschiffen norddeutsche Hafenstädte blockierte, wirksam behaupten zu können.
Auf der Grundlage eines von dem preußischen Prinzen Adalbert ausgearbeiteten Entwurfs wurde am 14. Juni 1848 die Gründung einer deutschen Flotte beschlossen. Folgende Merkmale sollte diese erste Bundesflotte aufweisen: Sie sollte gesamtdeutsch sein und mit Hilfe der schwarz-rot-goldenen Flagge Deutschlands neu gewonnene Souveränität über die Weltmeere tragen. Sie sollte ferner von dem technischen und seemännischen Know-how anderer Nationen profitieren und sich aufgrund der Zusammensetzung als Bündnispartner anbieten. Auftrag und Kontrolle sollten dem Parlament vorbehalten bleiben. Insgesamt sollte es den Parlamentariern auch gelingen, die Flotte als gesamtdeutsches, sinnstiftendes Symbol zu etablieren. Der Zusammenbruch der Revolution verhinderte, dass aus der Bundesflotte, die ihre Ausgestaltung durch den ersten deutschen Admiral Rudolf Bromme (genannt Brommy) erfahren hatte, jemals eine Reichsflotte wurde, da die verabschiedete Reichsverfassung nicht in Kraft treten konnte.
1852/53 wurden die gesamten Schiffsbestände in Brake, Bremerhaven und Vegesack versteigert. Ein Teil der Schiffe wurde von der Preußischen Marine weiter verwendet, der wiederum 1867 - nach dem preußisch-österreichischen Krieg - in die Marine des Norddeutschen Bundes einging. Durch die Proklamation des deutschen Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles wurde aus der Norddeutschen Bundesmarine die Kaiserliche Marine, die unter Wilhelm I. und Otto von Bismarck ein eher bescheidenes Dasein fristete.
Die Preußische Marine
In Preußen hatte es zwar schon vor 1848 maritime Bestrebungen gegeben, doch wuchsen diese nicht über halbherzige Versuche hinaus. Erst ab dem Herbst 1848, unter dem Druck der dänischen Blockade, baute Preußen unter der Führung des zum Oberbefehlshaber und "Admiral der preußischen Küste" ernannten Prinzen Adalbert von Preußen seine Flotte aus, parallel zum Aufbau der in aristokratischen Kreisen mit dem Odium der Revolution behafteten Bundesflotte. In einer Denkschrift entwarf Prinz Adalbert 1848 als Aufgaben der Marine sowohl die Verteidigung der eigenen Küste als auch den Schutz der preußischen bzw. deutschen Handelsinteressen in Übersee. Hier wurde erstmals der Bündnisgedanke im Zusammenhang mit der Schaffung einer Flotte artikuliert, da ,,ein kräftiges Dampfgeschwader jeder befreundeten Flotte ein willkommener Alliierter sein wird". Gefordert wurden zunächst sechs Segelfregatten, 14 Dampfkriegsschiffe, 80 Ruderkanonenboote. Zur Verfügung standen im Frühjahr 1849: 27 Kanonenboote, eine Korvette und zwei Dampfer. Allein das Vorhandensein der wenigen preußischen Kriegsschiffe hatte bereits eine wesentliche Lockerung der Handelsblockade bewirkt. Der folgende Ausbau der preußischen Marine, Teile der aufgelösten Bundesflotte wurden 1852 übernommen, litt stark unter Personalmangel. Viele Offiziere kamen aus der Handelsschifffahrt, die Artillerieoffiziere von der Armee, Führungspositionen mussten mit Ausländern besetzt werden und Infanteriekommandos mussten auf den größeren Schiffen die Besatzungen auffüllen.
Im Jahre 1865 wurde Kiel (nach Danzig) preußischer Kriegshafen in der Ostsee und Sitz der Marinestation. Für die Nordsee wurde entsprechend das 1853 erworbene Jade-Gebiet ausgebaut. Im Rahmen der so genannten Einigungskriege brachte der Deutsch-Dänische Krieg von 1864 nur einige kleine Gefechte (bei Jasmund und Helgoland), doch wurde der Handelsverkehr durch Dänemark nicht mehr in dem Maße gestört, wie dies noch 1848/49 der Fall gewesen war. Während des bald darauf folgenden Deutschen Krieges von 1866 kam die Marine kaum zum Einsatz. Ein weiterer Ausbau der preußischen Flotte scheiterte zunächst am preußischen Abgeordnetenhaus, das den vorgelegten Flottenbauplan ablehnte; dieser hatte acht Panzerfregatten, acht Panzerkanonenboote, zwölf Korvetten, acht Avisos, 78 Kanonenboote vorgesehen. Nach erneuter Überarbeitung diente der Plan als Grundlage für den Flottengründungsplan der Marine des Norddeutschen Bundes, in der die preußische Flotte am 1. Juli 1867 aufging. Auf das engste verknüpft war die Marineentwicklung, bis zur Bildung der Kaiserlichen Marine, mit der Person Eduard von Jachmanns, des ersten aus dem Seemannsstand hervorgegangenen "einheimischen" Admirals. Er war die rechte Hand des preußischen Kriegs- und Marineministers Albrecht Graf von Roon.
Die Norddeutsche Bundesmarine
Nach dem Deutschen Krieg 1866 brachte Preußen seine Marine in den am 1. Juli 1867 entstandenen Norddeutschen Bund ein und erhielt den Oberbefehl über diese neue Marine. Die Organisation der Preußischen Marine blieb jedoch bestehen. So unterstand das Marineministerium weiterhin Generalleutnant Albrecht Graf von Roon, der gleichzeitig preußischer Kriegsminister war. Vizeadmiral Eduard von Jachmanns war als Direktor des Marinedepartements zugleich Bundeskommissar im Bundesrat und im Reichstag des Norddeutschen Bundes; Oberbefehlshaber der Marine blieb Prinz Adalbert von Preußen. Ihm unterstanden die Schiffe, Truppenteile und die technischen Einrichtungen. Kiel und der Jadehafen Wilhelmshaven (1869 so benannt nach dem preußischen König Wilhelm) wurden Bundeskriegshäfen, in denen am 1. Oktober 1867 die schwarz-weiß-rote Kriegsflagge anstelle der preußischen gesetzt wurde. Von nun an nahm die Entwicklung der Marine eine günstigere Wendung. Der seefahrende Bevölkerungsteil des Bundes war vom Dienst im Landheer befreit und der Marine zur Verfügung gestellt. Noch im Herbst 1867 wurden die Auslandsstationen festgelegt und im Dezember nahm der Bundestag den von der Regierung vorgelegten Flottengründungsplan an. Danach sollte innerhalb von zehn Jahren eine Flotte geschaffen werden, bestehend aus 16 Panzerschiffen, 20 Kreuzerfregatten und -korvetten (für den Auslandsdienst), acht Avisos und 22 Dampfkanonenbooten. Geplant war, dass die Marine größere Küsten- und Handelsschutzaufgaben löste.
Am 1. Juni 1870 lief unter dem Befehl des Admirals Prinz Adalbert der erste deutsche Panzerschiffsverband, bestehend aus König Wilhelm, Kronprinz, Friedrich Carl und Prinz Adalbert zu Übungen in dem Nordatlantik aus. Die Aufbauphase der Norddeutschen Bundesmarine wurde vom Deutsch-Französischen Krieg (1870/71), der die Flotte im Ganzen noch unvorbereitet traf, unterbrochen. Zwar konnte das Geschwader der Panzerschiffe noch rechtzeitig in die Heimat zurückkehren, doch während des Krieges hatte die noch schwache Marine kaum Möglichkeiten offensiv vorzugehen. Da die Friedenskommandostruktur sich nicht bewährt hatte, kam es zu durchgreifenden Änderungen. Prinz Adalbert ging in das Armee-Hauptquartier nach Frankreich und das Oberkommando wurde dem Marineministerium angegliedert. Außer zweier Gefechte vor Rügen und Havanna beschränkte sich die Marine auf den Schutz der deutschen Küste. Zumindest sahen die überlegenen französischen Seestreitkräfte u.a. aus diesem Grund von einer Beschießung der deutschen Küste und von Truppenlandungen ab. Nach der Errichtung des Deutschen Reiches 1871 wurde die Norddeutschen Bundesmarine in die neu gegründete Kaiserliche Marine eingegliedert.
Die erste deutsche Bundesflotte
Vor gut 150 Jahren, am 14. Juni 1848, bewilligte das erste frei und demokratisch gewählte deutsche Parlament, die Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche, mit überwältigender Mehrheit sechs Millionen Taler für den Bau einer deutschen Flotte. Dieser parlamentarische Akt stellte die Weichen für die Gründung einer ersten gesamtdeutschen Marine.
Die Nationalversammlung folgte damit annäherungsweise der zweiten Marinekonzeption, die Prinz Adalbert von Preußen in seiner "Denkschrift" dargelegt hatte: eine Marine zur offensiven Verteidigung und zum notwendigsten Schutz des Handels. Die beiden anderen Konzeptionen, die Prinz Adalbert beschrieben hatte, stellten zum einen eine Marine zur rein defensiven Küstenverteidigung dar, zum anderen eine selbständige Seemacht.
Die allgemeine Flottenbegeisterung in Deutschland, Ausdruck waren z.B. beachtliche Spenden von Marine- und Frauenvereinen (Schoner Frauenlob), ist jedoch nur mittelbar als eine Folge der Märzrevolution zu sehen, denn dem Beschluss des deutschen Parlaments lag vielmehr eine handfeste sicherheitspolitische Notwendigkeit zugrunde. In der Auseinandersetzung zwischen der Seemacht Dänemark und der Landmacht des Deutschen Bundes über die Einheit der Herzogtümer Schleswig und Holstein kamen die Bundestruppen an Land zwar erfolgreich voran, doch konnte die dänische Flotte innerhalb von Tagen den gesamten Seehandel an Nord- und Ostsee wegen des Fehlens deutscher Kriegsschiffe lahm legen und ungehindert zahlreiche Handelsschiffe der deutschen Seestaaten als Prisen in dänische Häfen leiten.
Von der Frankfurter Paulskirchenversammlung beauftragt, übernahmen der Bremer Senator und Handelsminister des Bundes, Arnold Duckwitz das Marineressort und Prinz Adalbert von Preußen den Vorsitz der ,,Technischen Marinekommission". Beide arbeiteten in ihren Kommissionen Pläne für die neu zu schaffende Bundesflotte aus. Mit Kapitän zur See Bromme, genannt Brommy (1804-1860), übernahm ein tatkräftiger Organisator den Oberbefehl über die Flotte. Bereits am 15. Oktober 1848 konnten drei Dampfkorvetten und eine Segelfregatte unter der schwarz-rot-goldenen Flagge (mit einem Doppeladler in der linken oberen Ecke) in Dienst gestellt werden. Doch bald schon stellten sich Schwierigkeiten in der Finanzierung, der Beschaffung und Ausrüstung von geeigneten Kriegsschiffen, ja selbst in der Rekrutierung der Besatzungen ein, denn geschultes Personal war rar und überdies lehnten es die meisten Bundesstaaten ab, den Dienst in der Bundesflotte als gesetzliche Dienstpflicht anzuerkennen. Insgesamt waren bis 1852 zwei Segelfregatten, zwei Dampffregatten, sechs Dampfkorvetten, 26 Ruderkanonenboote und ein Troßschiff beschafft. Im Juni 1849 kam es bei Helgoland zum einzigen Gefecht der, trotz des großen materiellen Aufwandes, niemals voll einsatzfähigen Bundesflotte gegen dänische Schiffe. Schließlich scheiterte die Bundesflotte an der Finanznot und nicht zuletzt an der Uneinigkeit der deutschen Staaten sowie der fehlenden Exekutivgewalt. Im Laufe des Jahres 1852 wurden zwei Fregatten an die Preußische Marine übergeben, die restlichen Einheiten durch den Bundeskommissar Hannibal Fischer versteigert. Als 'Kind der Revolution' überlebte sie diese nur wenig länger. Am 31. März 1853 wurde der allgemeine Auflösungsbefehl erlassen.
Deutsche Marinen - ein Spiegelbild der deutschen Geschichte
I. Marinegeschichtlicher Überblick in Stichworten und Daten
Schon die Formulierung "deutsche Marinen" ist Ausdruck einer Besonderheit: In Frankreich kann man schlicht von "der französischen Marine" sprechen oder von "der Marine Frankreichs"; mit "Royal Navy" ist für jedermann zweifelsfrei die Marine des Vereinigten Königreichs bzw. Großbritanniens gemeint.
Ganz anders verhält es sich in Bezug auf Deutschland: Namentlich gibt es erst seit 1995 eine "Deutsche Marine"; offiziell wird unsere Marine so auch nur zur Unterscheidung gegenüber anderen Marinen genannt, also vornehmlich im Ausland, weil dort der Schriftzug 'Marine' nicht das Herkunftsland erkennen lässt. Andere Nationen sprechen von "US-Navy" oder "Russian Navy".
Bestimmend für das
über längere Zeiträume Fehlen einer "deutschen Marine" war die Vielstaatlichkeit
auf einem Territorium, das größer ist als die heutige Bundesrepublik
Deutschland:
- Erst seit der Reichsgründung (1871) gibt es einen deutschen Einheitsstaat und
damit eine deutsche Marine. In den folgenden 74 Jahre bis 1945 trug diese Marine
des Einheitsstaates allerdings drei verschiedene Namen: nämlich KAISERLICHE
MARINE, (vorläufige) REICHSMARINE und KRIEGSMARINE.
- Vor der Reichsgründung 1871 gab es auf deutschem Boden immer gleichzeitig
mehrere Staaten mit teilweise eigenen Marinen - Preußen, Österreich,
Schleswig-Holstein. Ebenso verhielt es sich in der Zeit nach dem Zweiten
Weltkrieg, der mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht (08.05.1945)
endete und in der anschließenden Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen
und später zwei Staaten in Deutschland mündete; also gab es bis zum 3.Oktober
1991 zwei deutsche Marinen.
Frühere deutsche Marinen hießen (von heute aus gesehen rückwärts schreitend):
Marine der Bundesrepublik Deutschland. Als Gründungsdatum der Bundeswehr gilt
der 12.11.1955, der 200. Geburtstag Gerhard v. Scharnhorsts (geb. 12.11.1755,
gest. 28.06.1813; kgl.-preuß. General, Kriegsminister, Im Geiste seiner
Militärreform (ab 1806, u. a. für Allgemeine Wehrpflicht als Waffenrecht für
alle !) sollte die Bundeswehr aufgebaut werden. Deshalb erhielten an diesem Tag
die ersten 101 Freiwilligen aus der Hand des Bundesministers für Verteidigung
ihre Ernennungsurkunden (im Dezember 1960 umbenannt in Bundesministerium der
Verteidigung).
'Volksmarine der Nationalen Volksarmee' (der DDR); 18.01.1956 offizieller
Aufbaubeginn der Seestreitkräfte der NVA; 03.11.1960 Umbenennung in
'Volksmarine'; die Geschichtsschreibung der VM-NVA selber (Volksmarine - ein
Ehrenname, 1985) setzt mit Gründung der Seepolizei 15.06.1950 ein.
Kriegsmarine; diese Bezeichnung wurde durch das Wehrgesetz vom 21.05.1935
eingeführt. Durch Kontrollratsgesetz Nr. 34 vom 20.08.1946 lösten die Sieger-
und Besatzungsmächte Deutschlands die Wehrmacht und damit die Kriegsmarine auf.
Reichsmarine - dieser Name galt seit dem 01.01.1921 bis zur Umbenennung am
21.05.1935. Vorher wurde die Marine als
Vorläufige Reichsmarine bezeichnet. Hierzu hatte die Nationalversammlung am
28.03.1919 ein Gesetz über die "Bildung einer vorläufigen Reichsmarine"
verabschiedet, das am 16.04.1919 in Kraft trat. (Da die
Friedensvertragsbedingungen noch nicht bekannt waren, konnte man nur "vorläufig"
planen.)
Kaiserliche Marine - sie wurde in § 53 der Reichsverfassung angesprochen, die am
16.04.1871 als Gesetz verabschiedet und am 20.04.1871 veröffentlicht wurde: "Die
Kriegsmarine des Reiches ist eine einheitliche, unter dem Oberbefehl des
Kaisers. (...)".
Bundes-Kriegsmarine war die Marine des Norddeutschen Bundes, der nach dem Krieg
(zwischen Österreich und den süddeutschen Staaten sowie Preußen und den
norddeutschen Staaten) von 1866 unter Führung Preußens begründet worden war. In
seiner Verfassung vom 25.06.1867 (in Kraft am 01.07.1867) befassten sich die
Artikel 53, 54 und 55 mit Marine und Schifffahrt: "Die Bundes - Kriegsmarine ist
eine einheitliche unter Preußischem Oberbefehl. Die Organisation und
Zusammensetzung derselben liegt Seiner Majestät dem Könige von Preußen ob,
Welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt ... Der Kieler Hafen und
der Jadehafen sind Bundes-Kriegshäfen. (...)".
- Zeitgleich gab es die:
Kaiserlich-königliche (k. u. k.) Marine Österreich-Ungarns. Sie kann auf eine
längere Geschichte und Tradition zurückblicken: Die erste Marine gab es für
kurze Zeit im 18. Jahrhundert; die zweite wurde 1786 zum Schutze der
Adriaschifffahrt ins Leben gerufen. Am 04.10.1786 wurde erstmals die
österreichische Seekriegsflagge (rot-weiß-rot waagerecht gestreift mit dem
gekrönten erzherzoglichen Wappen) gehisst. Sie wehte bis zum 31.10.1918. - 1814
wurde aus den Beständen der Marine des zerfallenden Italiens die dritte
österreichische Marine gegründet.
Preußische Marine - sie ging zurück auf die Brandenburgische Marine (s. u.),
nahm nach völligem Niedergang zwischenzeitlich einen gemäßigten Umfang unter
Friedrich II. (der Große) an, wurde im Zuge des deutsch-dänischen Krieges von
1848 - 1851 wieder aufgebaut und ging in der Norddeutschen Bundesmarine auf. -
Zeitweilig gleichzeitig gab es die
Deutsche Bundesflotte/ -marine - am 14.06.1848 beantragte die
Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche einen Flotten-Aufbau-Etat von
6 Millionen Taler beim Bundesrat; am 31.03.1853 wurde die Bundes-/Reichsflotte
offiziell aufgelöst.
Schleswig-Holsteinische Flottille (1848 - 1851) war der Versuch, auch zur See
bzw. in den Küstengewässern der Nord- und Ostsee Dänemark entgegenzutreten; sie
verlegte überraschend durch den sog. "Eider-Kanal" (Reste - z. B.
Rathmannsdorfer Schleuse bei Gut Knoop - sind noch vorhanden) in das
Wattenmeergebiet bei Sylt und Föhr und verunsicherte dort die dänischen Schiffe,
konnte die Besetzung Föhrs aber nicht verhindern.
Brandenburgische Marine - am 01.10.1684 Kauf einer Flotte durch Kurfürst
Friedrich Wilhelm von Brandenburg (genannt der Große Kurfürst); diese Marine
geht mit der Entwicklung Brandenburgs zum Königreich Preußen über in die
Preußische Marine (s. o.).
Manche Historiker zählen die HANSE zur deutschen Marinegeschichte. Diese aber
war ein Zusammenschluss von Kaufleuten und Städten. Sie entwickelte durchaus ein
Machtpotential zur See - vordergründig zum Schutz des Handels über See;
tatsächlich aber auch zur Absicherung von Machtpositionen gegenüber Fürsten und
den aufkommenden Nationalstaaten. Letztlich scheiterte die Hanse (auch) an der
zunehmenden Notwendigkeit, Kriege zu führen. Wenn es um deutsche
Seefahrtsgeschichte geht, ist die HANSE unbedingt zu berücksichtigen; zur
Geschichte der deutschen Marinen gehört sie nicht.
II. Geschichte der deutschen Marinen - Ereignisse und Persönlichkeiten
Am 1.Mai 1657 erschien erstmals die Flagge Kurbrandenburgs auf der Ostsee -
dieses Datum könnte als Beginn einer bis 1945 währenden Entwicklung gelten. Da
Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg (genannt der Große Kurfürst), aber
erst am 1.Oktober 1680 eine Flotte kaufte, gilt dieser Tag als 'Gründungsdatum'.
Die Nachfolger des Großen Kurfürsten kümmerten sich wenig um diese kleine
Flotte; Friedrich II., König von Preußen (genannt Friedrich der Große) vertrat
eine Politik der Flottenmäßigung allein zur Küstenverteidigung. Preußen hatte
eine Handels- aber keine Kriegsflotte. Den preußischen Seehandel versucht er
durch (Schutz-)Verträge mit Seemächten zu sichern. Den Siebenjährigen Krieg
überstand Preußen vor allem wegen des Bündnisses mit der Seemacht
Großbritannien.
Die Kriegsflagge Preußens wurde 1816 diplomatisch anerkannt, allerdings war die
Preußische Marine ohne Bedeutung. Im Mai 1848 legte Prinz Adalbert von Preußen
im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Dänemark und dem Deutschen Bund um
Schleswig-Holstein eine "Denkschrift über die Errichtung einer Deutschen Flotte"
vor. Sie ging auf frühere Arbeiten zurück und wurde Grundlage für Überlegungen
zu einer Marine Preußens.
Für den Aufbau der Bundes- oder Reichsflotte war u. a. Rudolf Bromme (genannt
Brommy) verantwortlich. Die Dimensionen seiner Aufgabe sind mit folgenden
Stichworten zwar nur angedeutet, aber doch deutlich: Der 'Auftraggeber'
(souveräne Staaten sollten in einem revolutionären Gesamtstaat aufgehen !) war
selber erst im Entstehen begriffen; Staatsbürger aus den beteiligten
noch-souveränen Staaten sollten einer einheitlichen
Disziplinar-/Strafrechtsordnung unterstehen; Schiffe sollten beschafft bzw.
entworfen und gebaut werden - und dies alles unter aktueller Kriegsdrohung !
Tatsächlich kam es bei Helgoland gegen dänische Streitkräfte am 9. Mai 1849 zum
- damals und bis heute ! - einzigen Gefecht unter der Flagge schwarz-rot-gold.
1852 wurde die Bundesflotte teils verteilt, teils versteigert.
Die "Geschichte deutscher Marinen" fand ihre Fortsetzung in der k. u. k. Marine
Österreich-Ungarns (Österreich gehörte bis 1806 zum Deutschen Reich, ab 1815 bis
1866 zum Deutschen Bund; 16.05.1864 Seegefecht bei Helgoland/Kommodore
Tegetthoff, 20.07.1866 Seegefecht bei Lissa) sowie in der Preußischen Marine
(21.11.1852 Prinz Adalbert: "Allgemeiner Maine-Befehl Nr. 1" (vgl. unter c)
Sonstiges), 1854: Prinz Adalbert "Admiral der preußischen Küste" - eine Flotte
gab es nicht; 30.03.1859: Erwerb des Jadebusen-Gebietes; 17.03.1864: Gefecht bei
Jasmund gegen dänische Flotte; 01.11.1866: Eröffnung der Marineschule in Kiel).
Eine Zwischenepoche war die Gründung des Norddeutschen Bundes und damit einer
Norddeutschen Bundesmarine, gestellt im wesentlichen von der Preußische Marine
(04.07. Festlegung der Flagge) 25.10. Flottengründungsplan vom Reichstag
gebilligt; 17.06.1869 Einweihung des Jadehafens/"Wilhelmshaven" - schon 1852 in
Schreiben des Ober-Commandos der Marine ist die Schreibweise Bremerhaven). Im
deutsch-französischen Krieg 1870/71 spielte die Marine keine Rolle (kein Angriff
auf das französische Blockadegeschwader in der Nordsee; 17.08. Gefecht bei
Hiddensee; Gefecht METEOR mit franz.
BOUVET vor Havana ).
In der Verfassung des neuen
Deutschen (Kaiser-)Reichs (Gründung 18.01.1871 in Versailles; Verfassung vom
16.04.1871) hieß es in § 53: "Die Kriegsmarine des Reiches ist eine
einheitliche, unter dem Oberbefehl des Kaisers. (...)" - im Gegensatz dazu
bestand das Heer aus einzelstaatlichen - also preußischen, württembergischen,
sächsischen und bayerischen - Kontingenten. Als Gründungstag der Kaiserlichen
Marine wird auch der 01.0.1872 genannt, weil mit diesem Tag das
Marineministerium aus dem Kriegsministerium ausgegliedert wurde und als
"Kaiserliche Admiralität" selbständig wurde: "Die Marine war kaiserlich und
deutsch, die Armee königlich und preußisch, in den übrigen Kontingenten auch
sächsisch, badisch, württembergisch oder bayerisch." (Stürmer ) Daraus folgt:
Die Marine verkörpert eine sehr viel längere gesamtdeutsche Geschichte und
Tradition als Heer oder Luftwaffe; die schwarz-rot- goldene Flagge wehte vor
1922 ausschließlich auf Schiffen der Bundesflotte von 1848/52 - nicht aber bei
Landeinheiten ! Ein 150jähriges Jubiläum als (gesamt)deutsche Teilstreitkraft
kann 1998 nur die Marine begehen.
Der "Chef der Admiralität" unterstand dem Reichskanzler hinsichtlich der
Verwaltung, ansonsten dem direkten Oberbefehl des Kaisers unter Ausschaltung des
Kriegsministers ! (Vergleichbar wäre dies mit einer Unterstellung des
Inspekteurs der Marine direkt unter dem Bundeskanzler - ohne Bundesminister der
Verteidigung.). Der erste "Chef der Admiralität" war der Generalleutnant
Albrecht v. Stosch, der zweite ebenfalls ein Heeresoffizier, nämlich
Generalleutnant Leo v. Caprivi. General/Admiral v. Stosch legte im Mai 1872
einen (ersten) Flottengründungsplan mit den Aufgaben der Marine und den dafür
erforderlichen Mitteln vor. Der Flottenaufbau im letzten Drittel des letzten
Jahrhunderts war geprägt von weit reichenden Umbrüchen beim Schiffbau (vom Holz-
zum Eisen-/Stahlschiff), beim Antrieb (vom Segel zur Dampfmaschine) und bei der
Bewaffnung (vom Vorderlader zum Hinterlader sowie Entwicklung neuer Waffen -
Mine, Torpedo. Entsprechend widerstreitend und (aus heutiger Sicht)
orientierungslos waren die Flottenbaupläne der Kaiserlichen Marine in den ersten
25 Jahren ihres Bestehens (1871 bis 1897); und genauso verhielt es sich bei
allen anderen Marinen im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts (z. B. wogte in
Frankreich der Streit zwischen Vertretern der JEUNE ECOLE, die für
Kreuzer-Kaperkrieg und Torpedoboote focht, und den 'Traditionalisten' hin und
her).
Die "Ära Tirpitz" bahnte sich an mit dessen DIENSTSCHRIFT IX (1894), in der der
damalige Kapitän zur See Alfred (v.) Tirpitz Aufgaben (Offensiver Kampf um die
Seeherrschaft) und Gestalt einer Flotte (Linienschiffe, Kreuzer, Torpedoboote, "Troß")
beschrieb. Im "Emser Memorandum", das Tirpitz dem Kaiser anlässlich seiner
Ernennung (31.03.1897) zum Staatssekretär des Reichsmarineamtes
("Marineminister") vortrug, präzisierte Tirpitz seine Vorstellungen. Seine
Überlegungen waren im Zeitpunkt ihres Entstehend keineswegs ungewöhnlich: Die
Jahrhundertwende war gekennzeichnet vom Wettlauf der europäischen Staaten um den
"Rest der Welt" ("Imperialismus") sowie von gar nicht weitreichend genug
vorstellbaren technisch-wissenschaftlichen Neuerungen und Umbrüchen. Bei diesem
"Wettlauf" auf vielen Gebieten kam den Kriegsflotten eine besondere Bedeutung
zu: In ihnen spiegelten sich die technologische Fertigkeiten eines Staates
ebenso wider wie ihr Rang in der Skala der Weltmächte. "Die Flotten der
Großmächte waren das eigentliche Kennzeichen der imperialistischen Bewegung." (Hubatsch)
Kriegsschiffe demonstrierten Macht und Ansprüche insbesondere auf ferne
Territorien, sie waren notwendig zum Schutz erworbener bzw. eroberter
Besitzungen, wozu auch Stützpunkte an den Seewegen dorthin zählten. Diese
wiederum waren Bedingung für die ständige Präsenz versorgungsabhängiger Schiffe
in den entsprechen- den Seegebieten.
Die Kaiserliche Marine wurde in der "Ära-Tirpitz" planmäßig aufgebaut: zwei
Flottengesetze (1898, 1900) und drei Novellen (1906, 1908, 1912) bestimmten den
Umfang der Flotte und bildeten zusammen den sog. "Tirpitz-Plan" (Berghahn):
Planmäßiger Aufbau einer Flotte auf gesetzlicher Grundlage bis zu einer Größe
und Stärke, dass selbst die größte Seemacht (Großbritannien) ihr nicht risikolos
gegenüber treten könne. Für eine Zwischenzeit ("Risikophase") musste die
Außenpolitik jegliche Krise, die der noch unfertigen Flotte einen vorzeitigen
Krieg mit Großbritannien aufzwingen könnte, vermeiden. Aus ihrer Verwirklichung
(berechnet für etwa 1916/20) ergaben sich erhebliche innen- und außenpolitische
Probleme, die hier vorerst nur mit den Stichworten "Finanzkrise" und "Rivalität
zu Großbritannien" angedeutet werden sollen. Bei den Einsatzüberlegungen
schwankte die Marineführung zwischen Defensive und Offensive.
Der Erste Weltkrieg brach (01.08.1914) sicher nicht wegen des Flottenwettrüstens
aus; dieses aber war entscheidend mitverantwortlich für die Zusammensetzung der
Kriegskoalitionen Deutschland/Österreich auf der einen,
Frankreich/Großbritannien/Italien auf der anderen Seite.
Der "Befehl für den Nordseekriegsschauplatz" (30.07.1914) offenbarte sowohl die
Unterlegenheit als auch das unauflösliche strategische Dilemma der Kaiserlichen
Hochseeflotte gegenüber der britischen "Grand Fleet":
"Seine Majestät der Kaiser haben für die Kriegführung in der Nordsee befohlen:
1. Ziel der Operation soll sein, die englische Flotte durch offensive Vorstöße
gegen die Bewachungs- und Blockadestreitkräfte der Deutschen Bucht sowie durch
eine bis an die britische Küste getragene, rücksichtslose Minen- und wenn
möglich U-Bootsoffensive zu schädigen.
2. Nachdem durch diese Kriegführung ein Kräfteausgleich geschaffen ist, soll
nach Bereitschaft und Zusammensetzung aller Kräfte versucht werden, unsere
Flotte unter günstigen Umständen zur Schlacht einzusetzen. Bietet sich schon
vorher günstige Gelegenheit zum Schlagen, so muss diese ausgenutzt werden.
- Handelskrieg ist gemäß Prisenordnung zu führen. In welchem Umfang er in den
heimischen Gewässern zu treiben ist, ordnet der Chef der Hochseeverbände an. Die
für den Handelskrieg in außerheimischen Gewässern bestimmten Schiffe sind so
früh als möglich hinauszubringen."
Herausragende Ereignisse für die Überwasserstreitkräfte (Hochseeflotte) im Ersten Weltkrieg waren das Gefecht bei Helgoland (28.08.1914), das Gefecht auf der Doggerbank (23.01.1915), die Skagerrak-Schlacht (31.05./ 01.06.1916), die Meutereien 1917 und 1918 sowie die geplante "Todesfahrt der Admirale".
Der Aufbau einer U-Boot-Waffe hatte in Deutschland erst 1904 begonnen. Ihr Einsatz war anfangs nur gegen Kriegsschiffe vorgesehen. Unter schwerwiegenden diplomatischen, innenpolitischen und technisch-taktischen Problemen entwickelte sich das U-Boot zur "Wunderwaffe des Ersten Weltkrieges", auf die kriegsentscheidende Hoffnungen gesetzt wurden. Letztlich waren alle Anstrengungen und Hoffnungen vergeblich, da nicht nur aber auch wegen des "uneingeschränkten U-Boot-Krieges" die USA mit ihrer Wirtschaftskraft in den Krieg eintraten.
Der Erste
Weltkrieg endete für die Kaiserliche Marine mit Inneren Unruhen und
Auflösungserscheinungen (sie gab es auch beim Heer), von denen die
"November-Revolution 1918" ausgelöst wurde. Im Urteil der Geschichtswissenschaft
bestimmten diese Ereignisse als "Trauma 1918" ganz entscheidend die nachfolgende
Geschichte der Reichs- und Kriegsmarine bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
(08.05.1945).
Im britischen Kriegshafen Scapa Flow (Bucht und Naturhafen nördlich von
Schottland/Orkney Inseln), wo sie interniert worden war, wurden die Schiffe und
Boote der Kaiserlichen Hochseeflotte durch die eigenen Besatzungen versenkt.
Der "Friedensvertrag von Versailles" (28.06.1919) bestimmte u. a. den Umfang der Reichsmarine auf nur 15 000 Soldaten (bei Kriegsausbruch ca. 80 000), sechs überalterte Linienschiffe, sechs kleine Kreuzer, je 12 Zerstörer und Torpedoboote; außerdem die Bedingungen für Ersatz-/Neubauten. Der Aufbau der Reichsmarine war bestimmt von großen finanziellen und personellen, aber auch politischen Schwierigkeiten. Kennzeichnend für jene Zeit waren Flaggenstreit und Kapp-Putsch (1920), Lohmann-Affäre (halb-legale Aktivitäten zur Aufrüstung und Geldbeschaffung) und "Panzerschiff-Streit"; gleichzeitig wurde das "Panzerschiff A" (DEUTSCHLAND) von der internationalen Fachwelt als "revolutionär" empfunden.
Mit ihren Überlegungen zum Auftrag der Marine bewegte sich die Marineleitung der Reichsmarine (1919 - 1935) teils auf politisch gesichertem Gebiet, teils ging sie aber auch weit darüber hinaus - und wurde durch die Kriegs(ziel)-politik Hitlers bestätigt. Damit einher gingen geheime und offene Verstöße der militärischen und der politischen Führung gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrages.
Nur wenige Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler (30.01.1933) legte Adolf Hitler vor den Spitzen von Heer und Marine seine politischen Ziele dar, darunter "Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung" (Salewski). In einer nachfolgenden Besprechung waren sich der Chef der Marineleitung, Admiral Dr. h. c. Erich Raeder, und Reichskanzler Adolf Hitler einig, das ein Krieg gegen Großbritannien vermieden werden müsse, ja, sogar ein Bündnis mit Großbritannien erwünscht sei. Für Raeder stand dem eine stärkere Marinerüstung nicht entgegen. Die Politik gegenüber Großbritannien war also geprägt von zwei Zielen, die sich bald widersprachen: Gegnerschaft vermeiden - Aufbau der Marine weit über "Versailles" hinaus. Interne Probleme ergaben sich zusätzlich bei Personalauswahl, Ausbildung und Menschenführung sowie insbesondere bei der Materialbereitstellung.
Wichtige Stationen bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieg (01.09. 1939) waren der (neu formulierte !) Eid auf Hitler (02.08.1934), Verkündigung der "Wehrhoheit"/ allgemeinen Wehrpflicht (16.03.1935), das neue Wehrgesetz (21.05.1935), der deutsch-britische Flottenvertrag (am 18.06.1935 abgeschlossen, befreite die Kriegsmarine von den Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrages, band den Flottenaufbau aber an die Größe der britischen Flotte im Verhältnis 35 : 100; bei U-Booten 45/100 : 100) und die Verabschiedung des "Z-Plan" (27.01.1939; er sah eine Flottengröße weit jenseits der Möglichkeiten nach dem dt.-brit. Flottenvertrag vor, war aber selber nur eine Vorstufe zu einer überdimensionierten 'Weltmachtflotte').
Der Zweite
Weltkrieg 01.09.1939 - 08.05.1945 (Ende in Europa; 02.09.1945 in Ostasien) war
von Adolf Hitler nicht als Weltkrieg geplant; vielmehr hätte er zeitlich
gestaffelte 'Teilkriege' vorgezogen.
Anmerkung: Bei der Betrachtung gerade des Zweiten Weltkrieges muss man, selbst
wenn dies nicht überall in den Unterricht einfließen kann, die absolut
völkerrechts- und menschenrechtswidrigen Ziele und Handlungen dieses Krieges vor
Augen haben. Erwähnt seien beispielsweise die unprovozierten Überfälle auf
Nachbarstaaten sowie deren jahrelange Besetzung und Ausplünderung; vor allem
aber die geplante, industriell durchgeführte Vernichtung vor allem der
europäischen Juden, Sinti und Roma u.v.a.m. Darüber dürfen weder Berichte über
"Menschlichkeit im Seekrieg" (Schmoeckel) oder vom friedlich-freundschaftlichen
Zusammenleben zwischen Besatzern und Besetzern noch der Einsatz (meist nur)
Einzelner für Verfolgte hinwegtäuschen.
Der (vorerst
europäische) Krieg begann am 01.09.1939 mit Schüssen des Schulschiffes
SCHLESWIG-HOLSTEIN auf die polnische Westerplatte. Ein Rückzugsultimatum
Großbritanniens und Frankreichs ließ das Deutsche Reich unbeantwortet. Darauf
folgte die britisch-französische Kriegserklärung an das Deutsche Reich. An
diesem Tag (03.09.1939) notierte der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine,
Großadmiral Raeder, im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung u. a.:
"Was die Kriegsmarine anbetrifft, so ist sie selbstverständlich im Herbst 1939
noch keineswegs für den großen Kampf mit England hinreichend gerüstet. (...) Die
Überwasserstreitkräfte ... sind noch so gering an Zahl und Stärke gegenüber der
englischen Flotte, dass sie - vollen Einsatz vorausgesetzt - nur zeigen können,
dass sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für einen
späteren Wiederaufbau zu schaffen gewillt sind. (...)."
Dieser Einschätzung des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine zufolge ging die Kriegsmarine im September 1939 in einen ebenso aussichtslosen Krieg wie die Kaiserliche Marine im August 1914.
Der Krieg mit
Überwasserstreitkräften war gekennzeichnet von
a) ihrer nur geringen Anzahl bzw. dem Zusammentreffen von Zulauf neuer und der
Vernichtung vorhandener Einheiten (z. B. Untergang BISMARCK 27.05.1941 bzw.
BLÜCHER 09.04.1940 - Indienststellung TIRPITZ 25.02.1941 bzw. PRINZ EUGEN
01.08.1940;
b) der geostrategischen Lage Deutschlands zum "Kriegsschauplatz Weltmeere" sowie
fehlenden Stützpunkte (z. B. ADMIRAL GRAF SPEE);
c) den technischer Unzulänglichkeiten (z. B. ungenügende Fahrbereiche und
Störanfälligkeit bei ADMIRAL HIPPER und Zerstörern - Gegenbeispiel ADMIRAL
SCHEER) reduzierten die Einsatzbereitschaft auf 54 % (Schwerer Schiffe) bzw. 40
% (Zerstörer) (so in einer Denkschrift vom 04.02.1941) sowie
d) der gegenteiligen Situation auf Gegnerseite.
Dazu kamen Führungsfehler bzw. "politische Zwänge" beim Einsatz der "großen
Schiffe" (z. B. Einsatz BLÜCHER bei der Besetzung Norwegens bzw. der Zerstörer
in Narvik oder Verhalten Admiral Günter Lütjens bei RHEINÜBUNG - Operation im
Nordatlantik zusammen mit PRINZ EUGEN Ende Mai 1941).
Der U-Boot-Krieg
wurde unter der Leitung des Befehlshabers der U-Boote, Kapitän zur See und
(später als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine) Großadmiral Karl Dönitz, nach
zurückhaltendem Beginn zum uneingeschränkten Handelskrieg. Er war geprägt von
a) anfänglich geringen eigenen Kräften und einer "Torpedokrise" (Steuerung
und/oder Zündung versagte),
b) Stützpunkt-Nachteilen,
c) einem doppelten Wettlauf beim
- Neubau von U-Booten bzw. Handelsschiffen sowie zwischen
- Angriffsfähigkeit und Abwehr.
Letztlich erfuhren alle diese selbst- bzw. Gegner gemachten Rahmenbedingungen
wie im Ersten Weltkrieg ihre Kriegsentscheidende Verschärfung durch die
Kriegsbeteiligung der USA (Pearl Harbor 07.12. 1941/deutsche Kriegserklärung
11.12.1941).
Insbesondere bei den U-Booten gab es erhebliche Verluste (etwa 28 000 Tote = ca.
80 %; U-Boot-Ehrenmal Möltenort/Kiel).
Weitgehend als selbstverständlich hingenommen und auch von der
Geschichtswissenschaft fast unbeachtet blieb daneben der Einsatz im
Küstenvorfeld (Minensucher, Vorpostenboote). - Zuletzt ist noch hinzuweisen auf
die überwiegend eklatant schlechte Zusammenarbeit zwischen Seestreitkräften und
Luftstreitkräften, über die die Kriegsmarine nicht verfügte (der Flugzeugträger
ZEPPELIN blieb unfertig).
Der Zweite Weltkrieg wurde zur See, vor allem aber zu Lande - nach anfänglichen
nicht für möglich gehaltenen Erfolgen - verloren. Nach der Kriegswende im Jahre
1943 sowie im Zuge des Zurückweichens an allen Fronten wagten (Heeres-)Offiziere
das Attentat vom 20.Juli 1944; eingeweiht bzw. am Rande beteiligt waren einige
wenige Marineoffiziere (Admiral Wilhelm Canaris/Korvettenkapitän Alfred
Kranzfelder) Darüber hinaus gab es im engeren Kreis des Marineoffizierskorps
durchaus auch Kritiker (Kapitän zur See - später Konteradmiral/Befehlshaber der
Flotte der Bundesmarine - Rolf Johannesson/Oberleutnant zur See Oskar Kusch).
Wegen des Terrors gegen jüdische Einrichtungen in Deutschland am 8.November 1938
("Reichspogromnacht", nach damaligem Sprachgebrauch auch "Reichskristallnacht"
genannt - weil u. a. besonders viele Fenster eingeschlagen wurden) haben nach
Überlieferung durch den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Erich
Raeder , mehrere Offiziere protestiert, darunter die Kapitäne zur See Günther
Lütjens und Karl Dönitz.
Vor seinem Freitod (30.04.1945) hatte Adolf Hitler Großadmiral Karl Dönitz zu
seinem Nachfolger als Reichspräsident ernannt. Unter dessen Verantwortung lief
seit Januar 1945 der Abtransport von etwa 2 Millionen Flüchtlinge aus den
Ostgebieten; gegen die Erwartung Hitlers nahm Dönitz umgehend Verhandlungen mit
den Kriegsgegnern auf, so dass der Zweiten Weltkrieg in Europa innerhalb einer
Woche durch die "bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht" am 08.05.1945 zu
Ende ging.
Nach Kriegsende vertiefte sich die schon in den letzten Kriegsmonaten erkennbare
Entfremdung zwischen den Kriegssiegermächten der Anti – Hitler - Koalition. Für
Deutschland bedeutete dies die Teilung erst in vier Besatzungszonen, später in
die beiden deutschen Staaten Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Deutsche
Demokratische Republik (DDR). Die Sieger formulierten im Potsdamer Abkommen
(02.08.1945) als Ziel: "Der deutsche Militarismus und Nazismus werden
ausgerottet, und die Alliierten treffen ... Maßnahmen, die notwendig sind, damit
Deutschland niemals wieder seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens in der
ganzen Welt bedrohen kann."
Die Besatzungsmächte verfolgten dieses Ziel unterschiedlich intensiv und
konsequent. In der sowjetisch besetzten Besatzungszone (SBZ) und späteren DDR
wurde sehr bald schon mit Vorbereitungen zum Aufbau neuer Streitkräfte, vorerst
als stark bewaffnete Polizeikräfte (Hauptverwaltung Seepolizei/Volkspolizei See)
getarnt, begonnen. Diese gingen 1956 nahtlos in die Nationale Volksarmee (NVA)
ein.
Die bei Kriegsende fast ausschließlich im Bereich der drei westlichen
Siegermächte vorhandenen Marineeinheiten wurden teilweise entwaffnet und
vollständig aufgelöst, teilweise aber blieben sie ziemlich vollständig intakt,
da sie wie nach dem Ersten Weltkrieg insbesondere für Minensuchaufgaben benötigt
wurden. Aus ihnen entstanden die German Mine-Sweeping Administration (GM-SA);
nach deren Auflösung der Deutsche Minenräumverband Cuxhaven bzw. die Labor
Service Unit (LSU).
Schon seit 1947 gab es Überlegungen in militärischen Kreisen auch der westlichen
Siegermächte über eine deutsche Beteiligung an der westlichen Verteidigung.
Hieraus entwickelte sich die Idee einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft
(EVG), für die hochrangige deutsche Soldaten (für die Marine: Admiral a. D.
Walter Gladisch, Vizeadmiral a. D. Friedrich Ruge, Kapitän zur See a. D. Alfred
Schulze-Hinrichs) im Oktober 1950 im Kloster Himmerod - unter absoluter
Geheimhaltung und unter Strafaussetzung nur für diesen Personenkreis - erste
Überlegungen anstellten.
Die Himmeroder Denkschrift (1950) gilt als 'Grundlagendokument' für den Aufbau
der Bundeswehr; sie enthält jene Überlegungen für eine neue deutsche Marine, wie
sie sich später ausführlicher in der Wagner-Denkschrift (1951) fanden und
Grundlage des Neuaufbaus ab 1955 wurden.
Die für die Marine vorgesehenen Aufgaben beschränkten sich bei eindeutiger
"Gegnerlage Sowjetunion" strikt auf die Küstengebiete der Ost- und Nordsee. Als
größte Einheiten waren Zerstörer und Landungsfahrzeuge vorgesehen, ebenso
integrierte Marineluftstreitkräfte für die Seekriegführung aus der Luft.
Nach dem Scheitern der EVG (1954) begann ab Herbst 1955 der Aufbau der
Bundeswehr und damit der Marine der Bundesrepublik Deutschland, zur
Unterscheidung von früheren deutschen Marinen, von Auslandsmarinen und von der
Handelsmarine auch (inoffiziell) BUNDESMARINE genannt. Personal und Material
kamen aus verschiedenen Quellen: Von LSU und Bundesgrenzschutz See, von den
Alliierten geliehen oder (ehemals deutsches Material zurück-) gekauft, Neubauten
bzw. Neueinstellungen kriegsgedienter und nicht gedienter Jahrgänge.
Die ersten 101 Freiwillen der Bundeswehr wurden am 200. Geburtstag des
preußischen Generals und Heeresreformers Gerhard v. Scharnhorst (12.11.1955)
vereidigt. Der Eid lautete damals und blieb seitdem unverändert:
"Ich schwöre,
der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und
das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen."
(Wehrpflichtige sprechen den Text als Gelöbnis.)
Der Personalumfang der Marine wurde anfänglich nicht konkret festgelegt,
pendelte sich dann aber bei 39 500 Soldaten ein. Sofortiger Beginn einer
gründlichen, praxisorientierten Ausbildung war wichtiger als perfektes Material,
auf das man lange hätte warten müssen. Innerhalb kurzer Zeit wurden auch alle
notwendigen Ausbildungseinrichtungen (Schulen) in Betrieb genommen; darunter für
die Offizierausbildung die traditionsreiche Marineschule Mürwik und die Marine
Unteroffzierschule in Plön. - Die Entscheidung, auch im ausgehenden
20.Jahrhundert Offizieranwärter auf einem neu zu bauenden Segelschulschiff (SSS
GORCH FOCK) auszubilden, war u. a. wegen des zeitgleichen Unterganges des
Segelschiffes der Handelsmarine PAMIR stark umstritten, wurde aber durchgesetzt.
Das Schiff, später auch für die Unteroffzierausbildung eingesetzt, erfüllte
seine - zusätzliche - Funktion als "Botschafter der Bundesrepublik Deutschland
in blau" (Auslandsreisen/Ausbildung in Außerheimischen Gewässer/AAG) ebenso
hervorragend wie alle anderen Schulschiffe und Einheiten der Flotte.
Weitere Merkdaten dieser kurz gefassten "Geschichte der deutschen Marine" sind
die Einführung von:
- Zerstörer-, Fregatten- und U-Boot-Neubauten auf deutschen Werften, anfänglich
unter den einschränkenden Bedingungen der Westeuropäischen Union (WEU);
- Lenkwaffenzerstörern (LÜTJENS-Klasse) und -schnellbooten (Kl. 143 u. 148)
sowie Fernlenkminensuch- und -räumsystemen (TROIKA);
- modernsten Marineluftstreitkräfte ( STARFIGHTER, BREGUET ATLANTIQUE, TORNADO).
Als erste Teilstreitkraft konnte die Marine im April 1957 ausgebildete Verbände (2. und 3. Minensuchgeschwader) der Nordatlantischen Vertragsorganisation (NATO) unterstellen. Mit Aufstellungsbeginn beteiligte sich die deutsche Marine an den multinationalen NATO-Verbände STA-NAVFORLANT und STANAVFORCHAN sowie STANAVFORMED; auch war sie mit einem starken Kontingent am probeweise Betrieb eines Zerstörers mit multinationaler Besatzung (CLAUDE V. RICKETT) beteiligt. So trug die Marine ganz entschieden zum Status der Bundesrepublik Deutschland als vollwertiges, anerkanntes NATO-Mitglied bei. Naturgegeben vermochten gerade die Angehörigen der Flotte, Kontakte zu den verbündeten und befreundeten NATO-Partnern herzustellen und zu pflegen, wobei zu bedenken ist, dass die meisten im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht des Deutschen Reiches besetzt gewesen waren.
Die Nebenfunktion des Brückenschlags und der Völkerverständigung nahm die Marine auch durch Ausbildungsunterstützung und humanitäre Hilfe gegenüber befreundeter Staaten wahr. Die dabei erworbenen Erfahrungen kamen nach Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs zwischen Warschauer Vertragsorganisation (WP) und NATO insbesondere beim Zusammenwachsen der Streitkräfte beider deutschen Staaten zum Tragen, wurden aber auch zu Gunsten ehemaliger WP-Staaten im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden im Ostseeraum und der OSZE wirksam
Die Planungen für eine gleichmäßige und zugleich zweckmäßige Neuverteilung der Einheiten der Flotte wie der Einrichtungen des Marineunterstützungskommandos und des Marineamtes im gesamten Küstenbereich der Bundesrepublik Deutschland wurden sehr schnell umgesetzt. Sie können als beispielhaft gelten für die Verwirklichung der Einheit Deutschlands nach der Wende von 1989 und dem Beitritt der ostdeutschen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland am 03.Oktober 1990.
Die deutsche Marine auf dem Wege zur "Marine 2005"
Als erstes
Minensuchboot der Klasse 343 wurde im Rahmen der Modernisierung der Flottille
der Minenstreitkräfte die "KULMBACH" auf der Peenewerft zum Minenjagdboot Klasse
333 umgebaut. Es wurde nach umfangreichen Erprobungen am 23. September 1999 an
die Marine übergeben. Ausgerüstet mit einem Minenjagdsonar, der neuen Minenjagd
- Führungsanlage TAKIS und der neuen Einwegdrohne SEEFUCHS ist es damit eines
der modernsten Minenjagdboote der Welt. Von der gleichen Werft werden auch die
Schwesterboote "ÜBERHERRN" , "HERTEN" , "PASSAU" und "LABOE" zu Minenjagdbooten
der Klasse 333 termingerecht umgebaut.
Die erste von drei Fregatten der Klasse 124, gebaut vom Fregattenkonsortium
BLOHM & VOSS, THYSSEN - NORDSEEWERKE und HOWALDTSWERKE - DEUTSCHE WERFT, wurde
am 1. Dezember auf den Namen "SACHSEN" getauft, und der erste
Einsatzgruppenversorger, zur Zeit bei der KROEGER - WERFT in der Endausrüstung,
hat den Namen "BERLIN" erhalten. Für den zweiten Einsatzgruppenversorger - er
wird "FRANKFURT AM MAIN" heißen - wurde bei der Flensburger
Schiffbaugesellschaft mit dem Bau begonnen. (Der Stapellauf und die Schiffstaufe
sind inzwischen erfolgt)
Bei der Arbeitsgemeinschaft U-212 (HDW und THYSSEN - NORDSEEWERKE) läuft das
Bauprogramm erfreulicherweise im vorgegebenen zeitlichen Rahmen. Nach Baubeginn
für das erste Boot am 1. Juli 1998 wird mit dem zweiten Boot am 11.Juli 2000
begonnen. Bereits ein Jahr später folgen das dritte und vierte Boot (bei TNSW),
während das erste 2003 (von HDW) an die deutsche Marine abgeliefert werden soll.
Für die Flottille der Marineflieger (Marinefliegergeschwader 3) und damit zum
Einsatz als Bordhubschrauber auf den Fregatten der Klassen 122 und 123 befinden
sich sieben neue SEA LYNX im Zulauf. Auf der Zeitachse könnten sich jedoch
andere wichtige Beschaffungsvorhaben, die die deutsche Marine zum Erhalt ihrer
"verbundenen Fähigkeiten" dringend benötigt, verschieben. Dazu zählen die
Korvetten Klasse 130, für die zur Zeit die Definitionsphase läuft und von der
insgesamt 15 Boote - zeitlich gestaffelt in drei Losen - beschafft werden
sollen. Gleiches gilt auch für die unerlässliche Modernisierung der
Marineflieger: MPA-Nachfolge als Ersatz für die BREGUET ATLANTIC und der
Marinehubschrauber NH-90, der den SEA KING (Marinefliegergeschwader 5) ersetzen
und auch das neue Wehrforschungs- und Erprobungsschiff der Klasse 751, das
einmal die 32 Jahre alte "PLANET" ersetzen soll. Damit wird der deutsche
Marineschiffbau bezüglich Schiffsform (Doppelrumpfschiff) in der Form Small
Waterplane Area Twin Hull (SWATH) und im Antrieb "Voll elektrisches Schiff" -
neue Technologien zur Anwendung bringen. Auftragnehmer werden, wenn das Schiff
einmal kommen sollte, die THYSSEN - NORDSEEWERKE EMDEN.
Im Phasenvorlauf befindet sich die Fregatte 125; sie soll nach 2010 die acht
Fregatten der BREMEN - Klasse ersetzen. Gleiches gilt für das zweite Los der
neuen U-Boot-Klasse 212, wie für die Torpedoabwehr für Überwasserschiffe (ab
2005). Im Bereich kleinkalibriger Rohrwaffen wird das Marineleichtgeschütz 27
(Mauser/Rheinmetall/Systemtechnik Nord Atlas Elektronik) die überalterten
Geschütze der Kaliberklassen 20 und 40 mm ersetzen. Sie werden dem heutigen
Bedrohungsszenario nicht mehr gerecht. Mit der Einführung soll - nach der BWB-
Erprobung in 2000 - ab 2001 begonnen werden. Die geplanten Einsparmaßnahmen der
Bundesregierung im Verteidigungsetat für 2000 und die Folgejahre bis 2003
ergeben jedoch weitere Unwägbarkeiten. Dafür nur ein Beispiel: Die
Weiterentwicklung des bordgestützten, Flugkörperabwehrsystems RAM (Rolling
Airframe Missile). Unter der Bezeichnung RAM IRMU (Infra- Red Mode Upgrade) oder
Block 1 steht die Entwicklung eines leistungsstärkeren, Bildverarbeitenden
Infrarot-Suchkopfes für den Flugkörper RAM. Bisher war die Marine davon
ausgegangen, dass er zeitgerecht mit dem Zulauf der Fregatten 124 ("SACHSEN")
eingeführt wird. Jetzt wird befürchtet, dass aufgrund des Sparzwanges die
Umrüstung des RAM-Bestandes (Block 0 ) - damit sind die Zerstörer, Fregatten und
Schnellboote derzeit ausgerüstet - verschoben werden könnte.
Die seit einigen Jahren verstärkt laufende Unterstützung der wehrtechnischen
deutschen Industrie (Werften und Zulieferer) in ihren Exportbemühungen durch
Schiffe und Boote der deutschen Marine auf deren Ausbildung in ausländischen
Gewässern (AAGs) hat sich bewährt und soll auch nach der Jahrtausendwende
fortgesetzt werden. So ging ein Verband der deutschen Marine 2000 nach
Südafrika.
Perspektive der Marine
Die Transformation der Bundeswehr hat auch für die Deutsche Marine strukturelle und organisatorische Auswirkungen.
Reorganisation der Flottillen
Die fünf Typflottillen werden aufgelöst und deren Aufgaben in die neu aufzubauenden Einsatzflottillen (englisch: Naval Task Flotilla) I und II sowie in das Flottenkommando verlagert. Stationierungsort für die Einsatzflottille I wird Kiel, für die Einsatzflottille II Wilhelmshaven. Die dazugehörenden schwimmenden Einheiten werden weiterhin in Typstützpunkten stationiert; die Geschwaderorganisation wird den modernen Anforderungen angepasst.
Die Einsatzflottillen werden zum 1. Juli 2006 ihren Dienst aufnehmen. Die Typflottillen werden am 30. Juni 2006 aufgelöst. Der Einsatzflottille I werden Schnellboot-, Minensuch- und Korvettengeschwader sowie die Spezialisierten Einsatzkräfte Marine und die Marineschutzkräfte unterstellt sein. Das Ausbildungszentrum Uboote wird zu einer eigenständigen Einheit und ebenfalls der Einsatzflottille I unterstellt.
Der Einsatzflottille II werden die neuen zwei Fregattengeschwader unterstellt sein. Die jetzigen vier Geschwader werden zu zwei zusammengefasst. Die militärisch und zivil besetzten Versorgungseinheiten werden dem Trossgeschwader unterstellt.
Zukunft der Marineflieger
Die Marinefliegerkräfte werden in Zukunft in Nordholz stationiert.
Das Waffensystem TORNADO ist am 1. Juli 2005 an die Luftwaffe abgegeben worden. Daher wird das Marinefliegergeschwader 2 zum 31. Dezember 2005 aufgelöst. Die Fliegertechnikausbildung wird ab dem 1. Oktober 2005 nach Nordholz, Kiel und Parow verlegt. Ab dem 1. Juli 2006 werden die Marinefliegergeschwader dem Flottenkommando direkt unterstellt.
Die Geschwaderorganisation wird angepasst. Mit der Einführung des Marinehubschraubers 90 werden die Maschinen von Kiel-Holtenau nach Nordholz verlegt. In diesem zeitlichen Zusammenhang wird zudem die Verlegung des Einsatzgruppenversorgers FRANKFURT AM MAIN von Kiel nach Wilhelmshaven geprüft.
Aufstellung der Marineschutzkräfte
Die Marineschutzkräfte wurden am 1. April 2005 in Eckernförde aufgestellt. Zur Zeit sind die Einheiten dort in der Preußer-Kaserne untergebracht. Die Zielstationierung erfolgt nach Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur in der Liegenschaft Eckernförde Nord. Danach wird die Preußer-Kaserne an das Allgemeine Grundvermögen abgegeben. Ab dem 1. Juli 2006 unterstehen die Marineschutzkräfte der Einsatzflottille I.
Die beiden Marinemusikkorps verbleiben in der Marine an ihren derzeitigen Standorten.
Veränderung im Bereich des Marineamts
Die Aufgaben der Stammdienststelle der Marine werden künftig von der Stammdienststelle der Bundeswehr wahrgenommen. Der Unterstellungswechsel der Stammdienststelle in den Verantwortungsbereich der Streitkräftebasis erfolgt am 1. Oktober 2006. Zielstationierung ist die Lüttichkaserne in Köln.
Weitere wichtige Veränderungen auf Seiten des Marineamtes sind die komplette Aufgabe der Liegenschaft Sylt-Ost ab Oktober 2005 sowie die Auflösung der Marineversorgungsschule in List auf Sylt zum 1. April 2007. Die Ausbildung im Stabs- und Versorgungsdienst wird an zentrale Schulen der Streitkräfte verlegt. Die Ausbildung im Verpflegungsdienst wird nach Plön verlegt.
Zukunft wichtiger Marinestandorte
Die Überkapazitäten an Liegeplätzen in den Ostseestützpunkten und die Reduzierung der schwimmenden Einheiten machen die Schließung eines Marinestützpunktes schon aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich.
Nach eingehender Analyse der Marinestützpunkte Olpenitz, Eckernförde, Kiel und Warnemünde und nach umfangreichen Untersuchungen der Liegeplatz-, Unterbringungs- und Betreuungskapazitäten sowie der Logistik aller Marinestützpunkte fiel die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung gegen den Erhalt von Olpenitz.
Der Tirpitzhafen in Kiel kam für eine Schließung nicht in Betracht, da er der einzige Ostseestützpunkt ist, der einen Schiffsverband ab Fregattengröße aufnehmen kann. In ihm können alle Schiffs- und Bootsklassen der Deutschen Marine stationiert werden.
Eckernförde ist infrastrukturell auf Uboote optimiert und bildet durch die Konzentration von Ubooten und deren nahen Tauchgebieten, dem Ausbildungszentrum Uboote sowie der akustischen Messstelle einen optimalen Wirkverbund.
Warnemünde ist mit seiner wasser- und landseitigen Infrastruktur als hochmoderner Stützpunkt zu bewerten. Nach Investitionen von rund 170 Millionen Euro Mitte der 90er Jahre wäre eine Schließung dieses Stützpunktes unakzeptabel und nicht erklärbar.
Die Infrastruktur von Olpenitz dagegen ist nach 40 Betriebsjahren in vielen Bereichen sanierungsbedürftig. Der Bundeswehrstandort Kappeln wird daher mit dem dazugehörigen Marinestützpunkt Olpenitz aufgegeben. Mit der Umsetzung der Entscheidung wird umgehend begonnen, die Maßnahmen sollen bis 2010 abgeschlossen sein.
Transformation greift
In Folge dieser Entscheidung werden 16 Minenjagd- und Minensuchboote mit ihren Besatzungen von Olpenitz nach Kiel verlegt. Vier Einheiten der Minenstreitkräfte werden nach Eckernförde verlegt und gemeinsam mit den Mehrzwecklandungsbooten der Klasse 520 den Marineschutzkräften unterstellt. Die Gesamtzahl wird um zwei Einheiten reduziert.
Ab dem 1. Januar 2006 werden die Minenabwehreinheiten, deren Tender, der Betriebsstofftransporter AMMERSEE und der Bergungsschlepper FEHMARN in Kiel stationiert. Der Hafenschlepper NORDSTRAND wird zu diesem Zeitpunkt in Eckernförde stationiert.
Am 31. Mai 2005 wurden die Flottendienstboote ALSTER, OKER und OSTE nach Eckernförde verlegt. Zum 1. Oktober 2005 werden die Mehrzwecklandungsboote SCHLEI und LACHS ihnen gefolgt sein.
Der Tender MAIN ist seit dem 2. Mai 2005 der Ubootflottille in Eckernförde unterstellt. Für Umbaumaßnahmen geht der Tender zunächst in die Werft. Dort wird er den spezifischen Anforderungen der Ubootversorgung angepasst.
Literatur (hier nur Grundlagenliteratur bzw. Nachschlagewerke)
Bidlingmaier, Gerhard: Seegeltung in der deutschen Geschichte; Ein
seekriegsgeschichtliches Handbuch (Handbuch des Seeoffiziers, hrsg. von KzS a.
D. Alfred Schulze-Hinrichs) Darmstadt: Wehr und Wissen Verlagsgesellschaft 1967
Deutsche Marinegeschichte der Neuzeit, in: Handbuch zur deutschen
Militärgeschichte 1648 -1939, Teil VIII, (hrsg. vom Militärgeschichtlichen
Forschungsamt), München: Bernard & Graefe Verlag 1977
Duppler, Jörg: Germania auf dem Meere; Bilder und Dokumente zur Deutschen
Marinegeschichte 1848 - 1998, Hamburg, Berlin, Bonn: Mittler & Sohn Verlag 1998
Grundzüge der deutschen Militärgeschichte, Bd. 1: Historischer Überblick, Bd. 2:
Arbeits- und Quellenbuch (im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes
hrsg.. von Karl-Volker Neugebauer), Freiburg: Rombach Verlag 1993
Hermann, Carl Hans: Deutsche Militärgeschichte; eine Einführung Frankfurt am
Main: Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen 1966
Mehl, Hans/Schäfer, Knut: Die andere deutsche Marine, Stuttgart: Motorbuch
Verlag 1995
Potter, Elmar B./Nimitz, Chester W.: SEEMACHT; eine Seekriegsgeschichte von der
Antike bis zur Gegenwart (Deutsche Fassung hrsg. im Auftrag des Arbeitskreises
für Wehrforschung von Jürgen Rohwer) München: Bernard & Graefe Verlag für
Wehrwesen 1974
Witthöft, Jürgen: Lexikon zur deutschen Marinegeschichte, 2 Bde. Herford:
Koehlers Verlagsgesellschaft 1977/1978
Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte, 2 Bde. (Schriften des
Militärgeschichtlichen Instituts der Deutschen Demokratischen Republik) Berlin:
Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik 1985
10.12.2010 14:29